Februar-Report: Weben, Webertreffen, Web-Buch

Nicht, dass ihr denkt, hier passiert nix… Der Februar war erschreckend schnell vorbei, dass es erst jetzt einen neuen Beitrag gibt.

Endlich habe ich die Monsterkette auf dem neuen XL-Barden abgewebt und aus 10,50 Meter Kette wurden 9 Meter Band in wechselnden Diagonalmustern. Dabei ist eine Menge Garn draufgegangen und es war tatsächlich das erste Mal, dass ich in einer Farbe eine komplette 100g-Rolle Leinen restlos (!) verbraucht hatte, da ich die Farbe auch als Schuss verwendete. Exakt mit den letzten Zentimetern wurde auch das Schiffchen leer.

Das lange Band bestätigte wieder meine Abneigung gegen lange Ketten. Ich liebe die Abwechslung und mich hatte da auch vor Weihnachten die Lust verlassen. Weil es ist so: Während ich an einem Band arbeite, spuken mir schon etliche neue Ideen im Kopf herum und ich muss mich beherrschen, nicht gleich was neues einzuziehen. Dennoch kamen dann das Band für Marled und ein paar Näharbeiten dazwischen. Ende Januar hab ich mich dann durchgebissen. In der fetten Rolle stecken insgesamt 3 Muster, die ich über eine längere Strecke gearbeitet habe. Ob ich sie in den Verkauf gebe oder die schön zusammenpassenden Stücke als Zierde für weitere Sofakissen für mich verwenden werde, muss ich noch überlegen.

Auch der kleine Barde ist durch das Abweben von Marleds Band frei geworden. Darauf kam dann ein Sulawesi-Band, das ich zum Webertreffen nach Essen mitgenommen hab.

Band mit 5 Mustern
5 Muster – ein Band. Die wandelbare Diagonale.

Das Webertreffen

Am 13. Februar kam dann der Termin, auf den ich mich in den vergangenen Wochen am meisten gefreut habe: Das Webertreffen der Brettchenwebergruppe im Unperfekthaus in Essen. Es war schön, Leute wieder zu treffen und neue Leute kennen zu lernen. Fotos habe ich leider keine gemacht, dafür aber Silvia Ungerechts, die einen schönen Report auf ihrem Blog gibt.

Auf dem Treffen war auch Claudia Wollny zu Gast, die ihr neuestes Buch „Der Lilienhain“ mit im Gepäck hatte. Ein Exemplar hatte mein Mann bereits im Vorfeld reserviert und ich habe es als mein Geburtstagsgeschenk abgeholt und von Claudia signieren lassen. Und ich habe es auch fast geschafft, bis zu meinem Geburtstag nicht reinzuschauen…

Mehr Fotos habe ich am Folgetag in der Baumwollfabrik in Ratingen gemacht. Dorthin hatten mich Silvia und Hilmar hin entführt zur Sonderausstellung „Macht der Mode“. Bei der Vorstellung der Baumwollfabrikation durfte noch fotografiert werden, bei den Kleidern leider nicht. Auch hier machte ich mir mit dem Ausstellungskatalog ein vorgezogenes Geburtstagsgeschenk.

Bücher
Mitbringsel vom Webertreffen in Essen

Das „Birka“-Muster

Eines der beliebtesten Muster zum Brettchenweben nach dem Widderhorn ist wohl das sogenannte „Birka“-Muster. Auf der Grundlage des Fundes B23 aus Birka – im Original broschiert – entwickelte „Thora Sharptooth“ bereits in den 1990er Jahren ein Muster in der „Kivrim“-Technik (oder 3-1-Technik), wonach auch die meisten Weberinnen und Weber „ihr“ Birka-Band weben:
http://www.cs.vassar.edu/~capriest/birkarcp.html
Dabei werden normalerweise zwei Farben im Musterteil verwendet, ein Musterfaden und drei Hintergrundfäden.

Was Thora allerdings nicht mitliefert, ist die Information, dass dieses Muster verzwirnend ist. Das bedeutet: Die Fäden einiger Brettchen verdrehen sich während des fortschreitenden Webens so sehr, dass diese Verdrillung aufgelöst werden muss.

Die einfachste Variante ist, Thoras Anleitung rückwärts zu befolgen UND die Brettchen in die entgegengesetzte Richtung zu drehen. Eine einfache Spiegelung. Da dieses Thema immer wieder auftaucht, habe ich dazu die Lösung in gtt notiert und die Schritte nebeneinander gestellt:
Birkamuster_umdrehen

Einige Leute empfehlen auch, Anglerwirbel zum Aufdröseln in die Kette einzubringen. Warum diese für mich keine Option sind, werde ich demnächst mal erörtern. Nur soviel: Wirbel sind überflüssig, denn die Wendestellen fallen praktisch nicht auf und wenn man die Borte aufnähen möchte, könnte man dort z.B. das Band aufschneiden.

Hier mal ein Bild von einem meiner Birka-Bänder nach „Rezept“:

Birka-Band
Birka-Band, Seide Nm11, gewebt 2006

Na, Wendestelle gefunden? Viele hatte ich für das Bild damals in den Knicken versteckt, aber einige sind noch zu sehen. Da ich inzwischen fast 10 Jahre Abstand sowohl zu dem Werkstück als auch zu dem Foto habe (das Band besitze ich nicht mehr), musste ich selbst suchen.

Eine Sammlung eleganter Wendestellen durch das Einsetzen eines völlig anderen Musters gab es mal in Babettes Editor, der leider nicht mehr exisitert. Einige der nachgewebten Motive sind durch Suche im Netz bestimmt zu finden. Wer aber einmal die Technik verstanden hat, kann vielleicht selbst eine Wendestelle entwerfen.

 

Das Original

Doch wie bereits erwähnt, handelt es sich bei dem Muster um ein „Rezept“, welches das broschierte Original nachahmt. Das Band Birka 23 enthält dieses sogenannte „Flechtbandmotiv“ (englisch: Latticework) nebst anderer Motive. Auch dieses hatte ich mal nachgewebt – hier zugegebenermaßen noch relativ dilettantisch (war meine zweite Broschur überhaupt), aber in den gleichen Farben wie das „Rezept“-Band.

Broschiertes Birka-Band
Birka 23, Seide auf Seide Nm11, gewebt 2004

Doch Birka hat die Flechtbandmotive nicht für sich gepachtet. Bei Webereien aus dem Mittelalter tauchen immer wieder verflochtene Bänder auf, mal so wie bei dem Birka-Rezept, mal in Abwandlungen. Einige Beispiele – auch zum nachweben – präsentiert Nancy Spies in ihrem Buch „Ecclesiastical Pomp and Aristocratic Circumstance“. Ihr Nachgewebtes gibts hier im Bild: http://www.weavershand.com/gallery8.html

Schöne Flechtbandmotive bzw. Knotenmuster finden sich auf der sogenannten Kasel von St. Vitalis aus dem 11. Jahrhundert. Auch eine Mitra aus Salzburg aus dem 12./13. Jahrhundert (heute im Metropolitan Museum in New York) hat Stellen mit Knotenmustern. Die Liste lässt sich mit ein wenig Lektüre bei Spies und anderen Quellen noch erweitern, aber das würde den Rahmen hier sprengen. Vielleicht kriegt das mal einen Extra-Beitrag.

Varianten

Nicht nur von historischen Flechtbandmustern gibts Varianten – da verkreuzen sich oft mehrere Stränge, das Muster kriegt Ränder und wird vom Flächen- zum Knotenmuster etc.  – sondern auch das „Birka“-Rezept ist wandelbar. Vertauscht man dabei die Arbeitsschritte 2 und 4 (jeweils 2 Reihen), erhält man etwas, das wie „Panama“-Gewebe aussieht. Diese Variante hat Guntram verfeinert zu seinem „Shadow“-Weave: http://www.guntram.co.za/tabletweaving/gallery/gallery_threaded.htm#Birka

Hierbei zeigt sich, wieviel alleine der Einsatz einer weiteren Hintergrundfarbe (diagonal gegenüber vom Musterfaden eingezogen) am Erscheinungsbild des Bandes ändern kann. Diese kleine Besonderheit kann auch beim Originalrezept eingesetzt werden.

Shadow Weave
Shadow Weave nach Guntram, Leinen Nm10/2, gewebt 2004

Eine weitere Abwandlung, indem man dem Birka-Muster Ränder hinzufügt, gibts bei den Zöpfen von „The Loomy Bin“.

Zopfmuster
Zopfmuster von „The Loomy Bin“, Leinen NeL 16/2, gewebt 2011

Das Bild enthält übrigens auch eine Wendestelle 😉

Und nicht nur das zeigt die „The Loomy Bin“, sondern neben dem Birkarezept die Wandelbarkeit der 3-1-Muster.

 

Frohes Neues!

Na? Gute Vorsätze fürs neue Jahr gemacht oder schon gleich wieder damit gebrochen?

Ich selbst habe mir keine Vorsätze gemacht. Oder zumindest nicht damit rausposaunt, was ich alles Tolles machen mag. Doch keine Vorsätze bedeutet ja nicht, dass ich nicht doch einiges vorhabe in diesem Jahr.

Stolz bin ich bereits darauf, dass ich es in den vergangenen Monaten gepackt habe, halbwegs regelmäßig hier was in den Blog zu schreiben. Und da es nun auch ein paar Inhalte gibt, will ich das Ding auch mehr publik machen und schließlich mit meiner Webseite www.wirweben.de verknüpfen, die derzeit in der Überarbeitung steckt (sieht man noch nicht…).

Das führt zum Nächsten: Sobald das Wetter wieder sein Schmuddelgrau abgelegt hat, gehts weiter mit dem Fotografieren für die Webseite und dem Überarbeiten einiger Archivbilder. Ein paar Fotos habe ich auch schon hier in den Blog gestellt. Dann noch ein paar Texte überarbeiten und sobald ein Kamerastativ den Weg ins Haus gefunden hat, mag ich auch ein paar Videos versuchen.

Mit dem Jahreswechsel rückt auch die Internationale Reenactmentmesse (IRM) in der Villa Borg wieder näher und da sollen auch noch einige Besonderheiten fertig werden. Was das ist, stelle ich so nach und nach vor.

Und auch die Tipps zum Brettchenweben werden ergänzt: Freut euch auf mehrere Ratschläge zur Farbwahl, Notfallmaßnahmen bei Webunfällen oder Materialtipps.

Und natürlich gibts auch Updates, was mir grad so handwerksmäßig durch die Finger geht.

UVO-Woche

Statt mal neue UVO’s zu produzieren, habe ich mal welche abgearbeitet. Gleich drei Bänder, die bereits länger in der UVO-Kiste bzw. auf dem Rahmen waren, sind nun fertig und stolze 137 Brettchen befreit.

Drei UVO-Bänder sind endlich fertig
Drei fertige Langzeitprojekte.

Und das sind sie:

Links ist das fertige Snartemo V-Band, ausgeführt in pflanzengefärbter Wolle Nm16/2. Begonnen hatte ich es als Auftrag und gleich ein wenig mehr Kette eingezogen, um mir auch einen Beispielabschnitt zu sichern. Dabei habe ich die Enden wie auch im Original mit Soumak gestaltet. Seit Fertigstellung des Auftrags im Frühling und einer kurzen Strecke im Rahmen einer Webvorführung im Juni hat das Band in der Kiste gelegen. Nu ists fertig. Für eines der Soumak-Stücke brauchte ich übrigens länger als für ein großes Motiv im Band.

Auch das mittlere Band ist der Rest einer Auftragskette mit pflanzengefärbter Seide von Marled. Nachdem der Broschierauftrag im Frühling an die Kundin ging, blieb mir noch ein Rest, um mich bei verschiedenen Broschiermaterialien auszutoben. Jüngstes Muster ist das sattgoldene mit meinem neuen Goldfaden (Motiv aus dem 15. Jahrhundert), etwas weiter oben ist eine Broschur, die ich bei einer Webvorführung gemacht hatte mit Goldfaden von Marled (Motiv aus dem 9. Jahrhundert). Im Rest der Kette sind noch Silber-, Gold- und Seidenfäden probiert worden.

Das rechte Band ist mit Motiven aus Otfried Staudigels Buch „Der Zauber des Brettchenwebens“, ausgeführt in Seide Nm 60/2 aus dem Handweavers‘ Studio. Das Band hatte ich im vergangenen Jahr zum Brettchenwebertreffen eingezogen, weil ich keine passende Kette für meinen kleinen Barden hatte. An dem Band hatte ich immer mal wieder ein Stückchen gewebt, u.a. beim Internationalen Museumstag auf dem Mühlenfest in Theley und auf der Gartenmesse in Bad Münster am Stein.

Bemerkenswert ist, dass die äußeren Bänder mit der gleichen Brettchenzahl, nämlich je 56 Brettchen gewebt wurden. Was Material so ausmacht…

Und nach dem UVO ist vor dem UVO: Was nehme ich nun als nächstes Langzeitprojekt?

Tipps fürs Brettchenweben: Fehlersuche

„Sieht gut aus, ist aber nicht das, was ich wollte“ – ein häufiger Satz, den mein Mann erdulden muss, wenn er im gleichen Raum ist, während ich webe oder passender: mich verwebe.

Fehler passieren jedem Brettchenweber, egal ob Anfänger oder Könner. Und ists einmal passiert, gibts eigentlich nur zwei Möglichkeiten: den Fehler beseitigen und weiterweben oder den Fehler ignorieren/wegschummeln und weiterweben. Ich gehöre eher zu denjenigen, die den Fehler beseitigen, denn selbst wenn er im späteren Band nicht offensichtlich ist: Ich weiß, dass es ihn gibt. Fehler übergehe ich eigentlich nur, wenn ich sie sehr sehr spät bemerke (dann war er aber nicht fatal fürs Muster) oder wenn das Material ein Rückwärtsweben nicht zulässt. Aber bevor man Fehler öffnet, muss man sie natürlich finden. Und je komplexer die Technik, desto mehr Fehler sind möglich.

Ich unterscheide nun zwischen verschiedenen Fehlergruppen und -ursachen. Manche können immer auftauchen, manche sind technikabhängig. Bei den Lösungen beschränke ich mich auf das Öffnen der Fehler, nicht unbedingt ihrer Vermeidung. Ganz nach dem Motto: Durchs Korrigieren lernt man.

  1. Fehler im Einzug: Ist immer möglich. Kommt häufig vor. Auswirkungen auf das ganze Band, weil die Muster nicht wie gewünscht entstehen. Schlagwort: „Muster entsteht nicht“
    Lösung: Wenn noch am Bandanfang, nicht zurückweben. Mitten im Band Fehler zurückweben.  Patrone überprüfen, ob die Kettfäden entsprechend eingezogen sind und zwar sowohl von ihrer Anordnung als auch von der Brettchenstellung/-schärung her. Dies ist eine Standardüberprüfung beim Start eines jeden neuen Bandes (siehe Tipps fürs Brettchenweben: Mit den Augen weben)
  2. Fehler durch nicht geklärtes Fach: Immer möglich. Besonders häufig bei „klebrigen“ Materialien wie Wolle. Auswirkungen lokal begrenzt, da der Einzug an sich korrekt ist.
    Lösung: Fehler zurückweben, dabei den Schuss auf gleichem Weg zurückführen. Fach klären und weiterweben. Beim Weben darauf achten, dass alle Brettchen gleich stehen und bei Problemgarnen häufiger mal in die Kette reinschauen.
  3. Fehler im Drehrhythmus: Ist immer möglich. Kommt bei allen Techniken vor, je komplexer desto fehleranfälliger. Je nach Technik lokal begrenzt oder wirkt aufs ganze Band.
    Lösung: zurückweben und dabei mit der Patrone vergleichen (siehe: Mit den Augen weben). Dabei eine Stelle suchen, die mit Sicherheit fehlerfrei ist. Bei Mustern mit Webbrief an eine Stelle zurückkehren, die noch dem abgebildeten Muster entspricht.
  4. Drehgruppen falsch aufgeteilt: Häufig bei Schnurbindungsmustern mit Drehgruppen (z.B. laufender Hund, Birka-Muster) und Diagonalen, auch bei Doubleface möglich. Das Muster kann hier aus zwei Gründen nicht entstehen, und zwar a) weil die Brettchen falsch abgezählt wurden oder b) die Gruppen am falschen Punkt im Muster in die verschiedenen Richtungen gedreht wurden.
    Lösung für a: Vorgehen wie bei Punkt 3, dann nochmals die Brettchen richtig einteilen
    Lösung für b: Vorgehen wie bei Punkt 3, außerdem den Startpunkt der Patrone wiederfinden. Brettchen wieder einteilen und weben. Hilfreich ist, nochmals länger in eine Richtung zu drehen, um auch optisch das Gefühl für den Teilungspunkt zu finden.