Eines der beliebtesten Muster zum Brettchenweben nach dem Widderhorn ist wohl das sogenannte „Birka“-Muster. Auf der Grundlage des Fundes B23 aus Birka – im Original broschiert – entwickelte „Thora Sharptooth“ bereits in den 1990er Jahren ein Muster in der „Kivrim“-Technik (oder 3-1-Technik), wonach auch die meisten Weberinnen und Weber „ihr“ Birka-Band weben:
http://www.cs.vassar.edu/~capriest/birkarcp.html
Dabei werden normalerweise zwei Farben im Musterteil verwendet, ein Musterfaden und drei Hintergrundfäden.
Was Thora allerdings nicht mitliefert, ist die Information, dass dieses Muster verzwirnend ist. Das bedeutet: Die Fäden einiger Brettchen verdrehen sich während des fortschreitenden Webens so sehr, dass diese Verdrillung aufgelöst werden muss.
Die einfachste Variante ist, Thoras Anleitung rückwärts zu befolgen UND die Brettchen in die entgegengesetzte Richtung zu drehen. Eine einfache Spiegelung. Da dieses Thema immer wieder auftaucht, habe ich dazu die Lösung in gtt notiert und die Schritte nebeneinander gestellt:
Birkamuster_umdrehen
Einige Leute empfehlen auch, Anglerwirbel zum Aufdröseln in die Kette einzubringen. Warum diese für mich keine Option sind, werde ich demnächst mal erörtern. Nur soviel: Wirbel sind überflüssig, denn die Wendestellen fallen praktisch nicht auf und wenn man die Borte aufnähen möchte, könnte man dort z.B. das Band aufschneiden.
Hier mal ein Bild von einem meiner Birka-Bänder nach „Rezept“:
Na, Wendestelle gefunden? Viele hatte ich für das Bild damals in den Knicken versteckt, aber einige sind noch zu sehen. Da ich inzwischen fast 10 Jahre Abstand sowohl zu dem Werkstück als auch zu dem Foto habe (das Band besitze ich nicht mehr), musste ich selbst suchen.
Eine Sammlung eleganter Wendestellen durch das Einsetzen eines völlig anderen Musters gab es mal in Babettes Editor, der leider nicht mehr exisitert. Einige der nachgewebten Motive sind durch Suche im Netz bestimmt zu finden. Wer aber einmal die Technik verstanden hat, kann vielleicht selbst eine Wendestelle entwerfen.
Das Original
Doch wie bereits erwähnt, handelt es sich bei dem Muster um ein „Rezept“, welches das broschierte Original nachahmt. Das Band Birka 23 enthält dieses sogenannte „Flechtbandmotiv“ (englisch: Latticework) nebst anderer Motive. Auch dieses hatte ich mal nachgewebt – hier zugegebenermaßen noch relativ dilettantisch (war meine zweite Broschur überhaupt), aber in den gleichen Farben wie das „Rezept“-Band.
Doch Birka hat die Flechtbandmotive nicht für sich gepachtet. Bei Webereien aus dem Mittelalter tauchen immer wieder verflochtene Bänder auf, mal so wie bei dem Birka-Rezept, mal in Abwandlungen. Einige Beispiele – auch zum nachweben – präsentiert Nancy Spies in ihrem Buch „Ecclesiastical Pomp and Aristocratic Circumstance“. Ihr Nachgewebtes gibts hier im Bild: http://www.weavershand.com/gallery8.html
Schöne Flechtbandmotive bzw. Knotenmuster finden sich auf der sogenannten Kasel von St. Vitalis aus dem 11. Jahrhundert. Auch eine Mitra aus Salzburg aus dem 12./13. Jahrhundert (heute im Metropolitan Museum in New York) hat Stellen mit Knotenmustern. Die Liste lässt sich mit ein wenig Lektüre bei Spies und anderen Quellen noch erweitern, aber das würde den Rahmen hier sprengen. Vielleicht kriegt das mal einen Extra-Beitrag.
Varianten
Nicht nur von historischen Flechtbandmustern gibts Varianten – da verkreuzen sich oft mehrere Stränge, das Muster kriegt Ränder und wird vom Flächen- zum Knotenmuster etc. – sondern auch das „Birka“-Rezept ist wandelbar. Vertauscht man dabei die Arbeitsschritte 2 und 4 (jeweils 2 Reihen), erhält man etwas, das wie „Panama“-Gewebe aussieht. Diese Variante hat Guntram verfeinert zu seinem „Shadow“-Weave: http://www.guntram.co.za/tabletweaving/gallery/gallery_threaded.htm#Birka
Hierbei zeigt sich, wieviel alleine der Einsatz einer weiteren Hintergrundfarbe (diagonal gegenüber vom Musterfaden eingezogen) am Erscheinungsbild des Bandes ändern kann. Diese kleine Besonderheit kann auch beim Originalrezept eingesetzt werden.
Eine weitere Abwandlung, indem man dem Birka-Muster Ränder hinzufügt, gibts bei den Zöpfen von „The Loomy Bin“.
Das Bild enthält übrigens auch eine Wendestelle 😉
Und nicht nur das zeigt die „The Loomy Bin“, sondern neben dem Birkarezept die Wandelbarkeit der 3-1-Muster.