Tipps fürs Brettchenweben: Mit den Augen weben

Nicht nur stur zählen, sondern auch mal hinschauen, was man macht: Das ist beim Brettchenweben genauso wichtig wie bei anderen Handarbeiten und Handwerken. Aber dennoch erlebe ich bei den zahlreichen „Hilferufen“ von Brettchenwebern / Brettchenweberinnen, dass nur auf Patrone und das Zählvermögen (oder bei komplexen Sachen: dem Webbrief) vertraut wird und dadurch einige Muster misslingen. Komischerweise habe ich noch nicht erlebt bzw. davon gehört, dass ein Schreiner nach dem Anzeichnen einer Schnittstelle und dem Zurechtlegen des Holzes  unter der Kreissäge dann beim Sägen wegschaut, weil schließlich alles richtig vorbereitet ist. Auch wenn beim Weben keine Gefahr für Leib und Leben droht, gehen doch viele – und leider nicht nur Anfänger – beim Weben so vor: Der Einzug stimmt, man zählt bis 4 und es wird nix. Mein Credo lautet daher auch „Mit den Augen weben“.

Augeneinsatz dient nicht nur der Überprüfung, ob das gewünschte Muster nun in den Brettchen ist, sondern ist der erste Schritt zum eigenen kreativen Mustergestalten und – für diejenigen, die Muster aus alten Zeiten weben möchten – der Musterrekonstruktion nach Foto.

Aber wie webt man nun „mit den Augen“? Am besten geht das natürlich während des Webens – also einfach mal mit dem Muster üben, was grad auf den Brettern ist – später dann weitertrainieren.

  1. Übung – Patrone verfolgen:
    Wer noch zu den „Zählern“ gehört, schaut nun bei jeder Drehung, was mit dem Muster passiert. Ich gehe jetzt davon aus, dass die „Zähler“ meist noch mit einfachen Mustern arbeiten und jeden Schuss alle Brettchen in die gleiche Richtung drehen. Schaut, an welchen Teil der Patrone ihr bei welcher Drehung kommt. Was passiert? Öffnet oder schließt sich vielleicht eine Raute? Erscheint ein Punkt oder eine Reihe einer Farbe? Und nun erst einmal bewusst immer in die gleiche Richtung drehen, auch wenn das eigentliche Muster einem 4-4-Rhythmus folgt. Ab wann beginnt das Muster von vorne? Stimmt das Muster mit der Patrone überein oder muss noch etwas gerichtet werden? Webt bewusst mal viele Schüsse in eine Richtung, um Start- und Endpunkt der Patrone auszumachen und prägt euch die Optik der Stellen ein, an denen gewendet werden müsste. Hierbei könnten sich auch schon Ideen für Muster in anderen Drehrhythmen ergeben.
  2. Notwendigkeit – Patrone überprüfen:
    Durch das „In-eine-Richtung-drehen“ aus Punkt 1 können Fehler im Einzug oder der Brettchenstellung erkannt werden. Diese Überprüfung sollte vor JEDEM Weben gemacht werden! Reserviert euch ein Stück Kette fürs Muster-Finden und stürzt nicht direkt in das Muster. Denn stimmt hier etwas nicht, wird der Rest auch nichts. Damit schaue ich jetzt mal bewusst in die Richtung derer, die den laufenden Hund und seine Varianten sowie das Birka-Flechtband-Rezept weben. Opfert lieber 20 Zentimeter Kette anstatt euch mit zwei Metern Verlegenheits-Alternativmuster rumzuquälen, das ihr  gar nicht wolltet (ja, diese Muster können „auch schön“ sein, aber Hand aufs Herz: Ihr wolltet doch eigentlich nicht meterweise teures Garn für irgendwas vergeuden, oder?).
  3. Übung – neue Muster finden:
    Am besten geht diese Übung mit einem zweifarbigen Einzug für Diagonale – entweder als 2-2- oder 3-1-Einzug in einem Pfeilmuster (Beispiel s.u.). Im Musterteil sind 8-12 Brettchen, am Rand jeweils 1-2 Brettchen (bitte nicht auf den Rand verzichten – die paar Brettchen werten das Band auf!). Erst einmal in eine Richtung drehen, wie bei Punkt 2 gelernt. Stimmt alles? Dann solltet ihr Pfeile mit glatten Linien vor euch haben. Nun ist Spielen angesagt. Probiert regelmäßige und unregelmäßige Rhythmen aus. Im Grunde ist neben dem Pfeilmuster noch ein Rautenmuster („O“) möglich. Genug gespielt? Dann fortsetzen mit Plan: Setzt verschiedene Rauten zusammen, indem ihr z.B. eine Raute mit Punkt in der Mitte und eine ohne Punkt nebeneinandersetzt. Dabei mit den Augen schauen, wann sich die Drehrichtung ändern muss. Oder macht immer Pfeile zwischen die Rauten, so dass ein X und ein O entstehen. Auch „Fische“ sind möglich. Ich gebe hier bewusst keine Vorlage an – findet es mit den Augen (und Nachdenken) heraus.
  4. Fakultativ – Brettchengruppen:
    Wer mutig ist, kann nun weiter probieren mit dem Muster. Es gibt zahlreiche Vorlagen für „ägyptische Diagonale“ mit 2-2-Einzug. Hier gibt es erstmals Webbriefe, welche die Drehrichtung für verschiedene Brettchengruppen definieren. Hat man den richtigen Startpunkt, kann man problemlos das Muster nachweben. Und den Startpunkt findet man mit…..? Jawoll! Den Augen! Hinschauen wird hier immer wichtiger, nicht nur für den richtigen Start, sondern auch um 1. nach einer Webpause wieder ins Muster zu finden, 2. Fehler rechtzeitig zu bemerken und 3. zu wissen, wo und wodrin der Fehler lag. Da dies hier zu lang werden würde, werde ich der Fehlersuche einen eigenen Beitrag widmen.
Webpatrone
Beispielpatrone für Übung 3 – S und Z steht für den Einzug.

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